TOP-SCHIRIS PFLEGEN NACHWUCHS
In Gams und Grabs leben mit Nikolaj Hänni und Johannes Vogel zwei Top-Schiedsrichter der Super League mit Fifa-Anerkennung. Trotz knapp bemessener Freizeit nahmen sie sich einen Abend Zeit für Gepräche mit dem Nachwuchs.
Eine kleine aber feine Veranstaltung stellte Reto Hardegger vom FC Gams am Mittwochabend sehr kurzfristig auf die Beine. Nikolaj Hänni, Schiedsrichter der Super League und der Fifa, der seit etwa einem Jahr in Gams wohnt, und Johannes Vogel, Schiedsrichterassistent der Super League und der Fifa, erklärten sich bereit für einen Informationsabend mit Jungschiedsrichtern und Interessenten für einen Schiedsrichter-Lehrgang. Wie sehr ihnen der Nachwuchs letztlich am Herzen liegt, verdeutlichte ihre spontane Terminzusage an den Veranstalter mit dem Beisatz: «Wir kommen gerne, selbst wenn nur ein Interessent dabei ist.»
Topleute aus auserlesenem Kreis
Fünf Interessierte sind letztlich gekommen. Sie nutzten die Gelegenheit, mit zwei der auserlesenen Topleute des Schweizer Schiedsrichterwesens in direkten Kontakt zu treten. In der Schweiz gibt es nämlich nur 11 Super-League-Schiedsrichter, 7 davon mit Fifa-Anerkennung. Und auch Schiedsrichterassistenten mit Super-League-Anerkennung gibt es schweizweit nur 18,10 davon mit Fifa-Lizenz. Hänni und Vogel erwiesen sich beim Anlass im Clubhaus des FC Gams als sehr umgängliche Leute, die es in ihrem Fach an die Spitze gebracht haben und trotzdem ganz bescheiden und durchaus auch selbstkritisch geblieben sind. So begründete Hänni seine steile Karriere auch mit «viel Glück» und stellte damit seine hervorragenden Leistungen bescheiden in den Hintergrund. In seinen lebhaften, mit vielen Persönlichen Eindrücken und Episoden gespickten Ausführungen machte er dem Nachwuchs aber auch klar: «Wer als Schiedsrichter aufsteigen will, muss mit Fussballspielen aufhören, denn beides geht nicht.» Mit Engagement, Durchhaltewillen während Durststrecken und immer neuen, höher gesteckten Zielen könne ein Jungschiedsrichter schnell Karriere machen. Vogel erklärte, dass er sehr gerne Assistent sei, als Schiedsrichter fühle er sich zu stark im Mittelpunkt.
Eine tolle Lebensschule
Nikolaj Hänni und Johannes Vogel haben beide ihr berufliches Pensum für die Schiedsrichterei reduziert. Obwohl sie kaum noch Freizeit für andere Hobbys haben, möchten Hänni und Vogel keine Minute ihrer Karriere missen: Es sei eine tolle Lebensschule, die sie allen nur empfehlen könnten.
«TOTAL AUF DAS SPIEL FOKUSSIERT»
Wie erleben Super-League-Schiedsrichter und –Assistenten die aufgeladene Stimmung in den Stadien? Wie gehen sie mit Beleidigungen um? Nikolaj Hänni aus Gams und Johannes Vogel aus Grabs beantworteten Fragen von interessierten Nachwuchsleuten.
Einen informativen Abend erlebten fünf junge Leute aus Gams und Grabs, die bereits Jungschiedsrichter sind oder einen Schiedsrichter-Lehrgang ins Auge fassen. Der Super-League-Schiedsrichter Nikolaj Hänni und der Super-League-Assistent Johannes Vogel beantworteten in Gams die Fragen der Jugendlichen.
Fabian Lehmann, Gams, interessiert sich für den Schiedsrichter-Lehrgang: Wie gehen Sie damit um, wenn die Fans in einem vollen Stadion gegen den Schiedsrichter sind?
Nikolaj Hänni: Johannes Vogel hat es an der Linie sicher schwieriger als ich, er hat das Publikum unmittelbar im Rücken.
Johannes Vogel: Das stimmt. Am Anfang verunsichert dich diese aufgeheizte Stimmung schon etwas. Aber je länger man dabei ist, desto mehr kann man das ausblenden. Dann hörst du das gar nicht mehr, weil du so total auf das Spiel fokussiert bist.
Nikolaj Hänni: Mein Vorteil ist, dass ich im linken Ohr das Kommunikationssystem habe, da höre ich nichts. Aber im Ernst: Ich habe es wie Johannes: An die Publikumsreaktionen gewöhnt man sich und kann sie fast ausblenden. «Nervös bin ich nur vor einem Match»
Nico Heptner, Gams, interessiert sich für den Schiedsrichter-Lehrgang: Wie war das Gefühl, erstmals in der Super League zu pfeifen?
Nikolaj Hänni: Mein erstes Spiel war St.Gallen gegen Xamax, noch im alten Espenmoos. Es war immer mein Ziel, dort einmal ein Spiel zu pfeifen. Vor dem Match war ich extrem nervös. Aber sobald das Spiel mit dem ersten Pfiff begonnen hatte, war ich nicht mehr nervös. Das gilt bis heute: Sobald das Spiel läuft, bin ich in einem System drin, da bin ich nicht mehr nervös, sondern nur noch konzentriert und fokussiert. Aber vor einem Spiel bin ich auch heute noch nervös. Wenn ich das einmal nicht mehr bin, muss ich aufhören.
Johannes Vogel: Mein erstes Spiel war Luzern gegen Zürich vor 16 000 Zuschauern. Ich habe meine Sache gut gemacht, aber ich kann fast nichts mehr davon erzählen, ich bin wie in eine andere Welt eingetaucht, war sehr konzentriert – und schon war das Spiel wieder zu Ende.
Sven Koller, Gams, Jungschiedsrichter: Ist das Trio mit Schiedsrichter und Assistenten eigentlich bei jedem Spiel dasselbe?
Nikolaj Hänni: Ich habe immer etwa die gleichen fünf bis sechs Assistenten. In der Super League gibt es ja ohnehin nur 18 Assistenten. Johannes Vogel ist häufig in meinem Team.
Johannes Vogel: Ich werde auch immer den gleichen drei bis vier Schiedsrichtern zugeteilt. Ein Assistent macht übrigens meist mehr Super-League-Spiele als ein Schiedsrichter.
Lukas Urech, Gams, interessiert sich für den Schiedsrichter-Lehrgang: Wo liegt die Grenze dessen, was man sich von einem Spieler an Beleidigungen gefallen lassen muss?
Johannes Vogel: Wenn es mehrfach beleidigende Schimpfworte gibt, die klar mir gelten, dann ist die Grenze überschritten. Ein gewisser Anstand muss nämlich auch in hitzigen Situationen gewahrt bleiben.
Nikolaj Hänni: Diese Grenze kann nicht klar gezogen werden. Die Situation, in der sich solche Szenen ereignen, spielt bei der Beurteilung nämlich auch eine Rolle. Bei einem umstrittenen Penalty beispielsweise gehen die Emotionen hoch – es geht ja auch um sehr viel Geld. Dann bin ich etwas toleranter. Wie schon erwähnt: Auf dem einen Ohr höre ich wegen des Kommunikationssystems mit den Assistenten nichts, und mit dem anderen will ich auch gar nicht immer hören, was mir gesagt wird. Aber wenn es wirklich persönlich und mehrfach beleidigend wird, dann ist die Grenze überschritten. Beim ersten Mal handle ich meist noch nicht. Aber klar, diese persönlichen Beleidigungen sind ein heikles Thema.
David Meili, Gams, Jungschiedsrichter: Was braucht es, dass man Super-League-Schiedsrichter wird?
Nikolaj Hänni: Man braucht viel Glück. Es trainieren nämlich alle, die das werden wollen, und sie pfeifen auch gut. Aber man muss zum richtigen Moment am richtigen Ort sein. Und nach negativen Erlebnissen darf man nicht aufgeben, sondern daraus lernen und weiterarbeiten, weiterarbeiten, weiterarbeiten. Man muss sich das Ziel setzen, immer weiterzukommen. Wenn man kein Ziel hat, bleibt man stehen.
Gratulation an Sven Koller
Der FC Gams gratuliert Sven Koller ganz herzlich zur bestandenen Schiedsrichterprüfung und wünscht ihm viel Erfolg!